Kirche St. Burkard | Pfarrhaus | Friedhof
Übersicht der Tafeln im Ortskern
Der Geschichtliche Rundgang Gerichtstetten ist eine interessante Möglichkeit, unseren Ort zu entdecken und zu erleben. Vorbei an 16 Stationen spazieren Sie entlang der Geschichte von Gerichtstetten und erfahren viele interessante Hintergründe über das Arbeiten, Leben und Wohnen in früheren Zeiten. Sie befinden sich hier an der zweiten Station "Kirche St. Burkard und Friedhof".
KIRCHE ST. BURKARD | FRIEDHOF
Mit der katholischen Taufe des Frankenkönigs Chlodwig I. im Jahr 496 begann die Christianisierung des gesamten Fränkischen Reiches. In den folgenden Jahrhunderten ließen immer mehr Adlige christliche Kirchen bauen, so auch in Gerichtstetten. Erstmals erwähnt wurde unsere alte Kirche in einem Ablassbrief von 1320. Vermutlich war es das niedere Adelsgeschlecht von Gerichisteten, das sie erbauen ließ und den Pfarrer einsetzte. Neben dem Kirchengebäude befand sich der Friedhof, damals auch Kirchhof genannt. Der innere, ummauerte Friedhof war den Reformierten vorbehalten, Katholiken wurden auf dem äußeren Teil des Friedhofs beigesetzt.
Leider fielen 1945 zahlreiche Unterlagen über die Kirchengeschichte Gerichtstettens dem Bombenangriff auf das Würzburger Staatsarchiv zum Opfer. Doch der Geschichtsforscher Dr. Konrad Josef Heilig hatte bereits einige Jahre zuvor alle Akten durchgesehen und ein Buch über die Rekatholisierung der väterlichen Heimat geschrieben. So unterstanden die Höfe immer zwei Herrschaften und dem Kloster Amorbach – man kann deshalb davon ausgehen, dass auch in calvinistischen oder lutherischen Herrschaftszeiten das katholische Bekenntnis im Ort nie ganz erloschen war. Als das Hochstift Würzburg den kurpfälzischen Teil Gerichtstettens 1691 im Tausch erhielt, kam es endgültig zu einer Rekatholisierung. 1700 wurde im Erftal die Firmung von 850 Gläubigen gefeiert – und zwar in der Gerichtstetter Kirche, was das katholische Bewusstsein im Ort besonders stärkte. Als kurz darauf der letzte calvinistische Pfarrer starb, verstummte der religiöse Federkrieg endgültig.
Angesichts der gewachsenen Gemeinde war die alte Kirche zu klein geworden – kaum die Hälfte der Pfarrkinder fand darin noch Platz. 1772 beschloss der Bischof von Würzburg den Bau einer größeren Kirche, die fast doppelt so hoch und dreimal so lang werden sollte. Die Kosten für den Neubau wurden auf die zwei Herrschaften, das Kloster Amorbach und die örtliche Pfarrei umgelegt. Die Einwohner mussten bei den Abrissarbeiten und dem Materialtransport Fron- dienst leisten. Die neue Kirche wurde dem Heiligen Burkard, dem ersten Bischof von Würzburg, geweiht. Die Grundmauern des alten Kirchturms aus dem 12. Jh. und der Taufstein im Renaissance-Stil von 1624 sind erhalten geblieben. Der alte Friedhof musste durch die Vergrößerung an den damaligen Ortsrand verlegt werden, wo er sich bis heute befindet.
Pfarrhaus
Gegenüber der Kirche befindet sich das 1773 erbaute und heute denkmalgeschützte Pfarrhaus. Die Pflichten des Pfarrers waren damals deutlich weitreichender. Neben den Aufgaben in der Pfarrei hatte er auch die Aufsicht über die Schule und ernannte in Abstimmung mit der Gemeinde den Schulmeister, der normaler- weise der gleichen Konfession wissen wir heute, dass die Religion im Ort nach der Reformation noch sieben Mal wechselte. Gemäß dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 bestimmte die Herrschaft den Glauben, so wurde die alte Kirche im Laufe der Geschichte abwechselnd von Lutheranern, Calvinisten und Katholiken genutzt. Mit Ausnahme der Jahre 1570-78 angehörte wie der Pfarrer. Aus dem Gebäude, das fast 230 Jahre lang als Pfarrhaus diente, wurde inzwischen ein privates Wohnhaus.
Was macht unsere Kirche so schön?
Vier mit Urnen bekrönte Lisenen und ein kräftiges Querfries gliedern die Kirchenfront. Mittelpunkt der Fassade ist die Statue des Guten Hirten, in deren Sockelinschrift die römischen Zahlen als Chronogramm das Erbauungsjahr ergeben. Typisch für die Barockzeit sind auch das festliche Langhaus mit hohen Fenstern und die kunstvoll geschnitzten Wangen der Kirchenbänke. Die wertvollen Gemälde der Seitenaltäre stammen aus dem Jahr 1774: Das linke zeigt den Kirchenpatron Burkard, wie er die Gottesmutter verehrt, das rechte zeigt Bischof Nikolaus als Befreier der unschuldig Gefangenen. Der Innenraum wird durch die schön gearbeitete Kanzel mit den vier Evangelisten und einem großen Posaunenengel bereichert. Bemerkenswert sind auch die zwei Barockstatuen der Unbefleckt Empfangenen Maria und des Heiligen Joseph mit Jesuskind.